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5.11.11

Wer werde ich sein?

Gedanken über Abschied von dem, der ich war: älter werden, Trennung, von dem der ich war: Demenz, endgültiger Abschied: Tod sind eigentlich mehr Fontanefans Feld als etwas für ein öffentliches Tagebuch.
Dennoch habe ich im Zug der Konzentrierung auf ein Hauptblog über Demenz dort geschrieben. Schließlich kommt das Thema ganz energisch auf uns als Gesellschaft zu.

Nachtrag 26.12.11:
Die Folgen von e-Kommunikation

15.10.11

Meinungsäußerungen mit Links

Die meisten meiner Blogbeiträge sind Meinungsäußerungen mit Links.
Am Anfang stehen die Links zu den Artikeln, die mich zur Äußerung angestoßen haben. Wenn sie nicht im Netz vorliegen, nehmen sie die Form eines Sekundärliteraturbelegs an.
Wenn im Ausgangsartikel nicht genügend zum Sachverhalt steht, schließen sich erläuternde Links an, oft zur Wikipedia.
Die dritte Art von Links bezieht sich auf ältere Gelegenheiten, wo ich mich zum Thema geäußert habe.

Subjektiv bleibt meine Meinung immer gleich, auch wenn ich nicht leugnen kann, dass ich gelegentlich aufgrund überwältigender Faktenlage auch etwas dazulernen könnte. Das erschließt sich mir freilich meist erst im Rückblick aus großem Abstand. Ich sehe die FDP nicht mehr als den einzigen - zu schwachen - Garanten der Demokratie, wie ich sie 1966 zu Zeiten der großen Koalition gesehen habe. - Warum wohl dieser Meinungsumschwung? ;-)
Diesem Beitrag fehlen entschieden die Links.

19.9.11

"Wir erkennen die Schulden der Regierung nicht an", erklärt ein

arbeitsloser Grieche.
Nun wissen wir, das wird ihm nicht viel helfen.
Ich will keine Betrugsmanöver der Deutschen Bank und keine Boni für Ackermann finanzieren. 
Das wird mir nicht viel helfen. 
Insofern sitzen der Grieche und ich in einem Boot. Nur dass ich Luxusverpflegung und alle anderen Vergünstigungen erhalte und er keine.
Aber er sitzt nicht in einem Flüchtlingsboot, das keine Hilfe erhält, weil das Nato-Schiff die libysche Zivilbevölkerung schützt (50 000 Tote).

Ich erkläre hiermit, dass ich nichts dafür getan habe, afghanische Frauen davor zu schützen, dass ihnen Nase und Ohren abgeschnitten werden, nichts dafür, die Giftgasangriffe Saddam Husseins auf die Kurden im Irak, nichts dafür, den Völkermord in Ruanda zu verhindern.
Ich bin auch nicht für Kriege gegen Syrien, Nordkorea, Belarus (Weißrussland), Russland und China, obwohl dort ständig gegen die Menschenrechte verstoßen wird.
Als Deutscher finanziere ich weiterhin die Bankenspekulantionen, die zu Hunderten von Millionen Hungertoten geführt haben.
Und es geht mir gut dabei. 
Irgendwie ist das nicht gerecht.

Ich  bekenne, dass ich nichts dafür getan habe, den Wechsel von Helmut Kohl zur rot-grünen Koalition zu verhindern, die Deregulierung, Steuererleichterung für Reiche und die Agendas 2010 vorangetrieben hat.

Noch darf ich Aufrufe von Amnesty, avaaz, Campact u.a. unterschreiben, an Staatspräsidenten appellieren, und manchmal hilft das wohl auch einmal ein bisschen. 
Und ich freue mich, dass nicht alle Flüchtlinge, denen ich etwas beim Deutschlernen geholfen habe, danach ausgewiesen worden sind.
Es ist ein Privileg, in Deutschland zu leben.

27.7.11

Zu meinen Blogs

Meine Blogs sind aus Gründen des thematischen Zusammenhangs auf verschiedene Blogs verteilt. Meine Statements zu Bildung, Bildungspolitik und Politik werde ich von jetzt aber zunehmend auf den Blog Fontanefan konzentrieren. Denn sie stehen in einem deutlichen thematischen Zusammenhang, und da ich nicht mehr unterrichte, brauche ich weniger darauf zu achten, dass ich meine Schüler nicht etwa parteipolitisch beeinflusse.

5.7.11

Fußball

England
Schalker Kreisel
Fritz Walter, Sepp Herberger 1954
Pelé
Uwe Seeler
Franz Beckenbauer 1974, 1990
Jogi Löw
Silvia Neid

Was jemandem, für den Fußball viele Stunden lang (z.B. Deutschland - Italien 3:4) keine Nebensache war, hängen bleibt.
Beckenbauer und Netzer freilich auch als eine Art Kuhlenkampf und Gottschalk.

Merwürdig

24.6.11

Handeln

Goethe: "Der Handelnde ist immer gewissenlos; es hat niemand Gewissen als der Betrachtende."
und von Fritz Reuter: "Nimm dir nichts vor, dann schlägt dir nichts fehl."
Sicher: Wer sich etwas Gutes vornimmt, wird immer wieder damit scheitern, und wer versucht, nichts zu tun, was irgend jemandem schaden könnte, tut wohl am besten gar nichts. (Irgendwie hat das aber auch nicht immer die besten Folgen.)
Trotz dieser Vorüberlegungen dazu meine Frage: Ist Amnesty International aktiv? Erhebt es häufig seine Stimme?
Was sind die bösen Folgen davon?

7.4.11

Leben aus Koffern, Internet auf der Treppe

Ein jüdisches Emigrantenehepaar hat eine verwandte jüdische Flüchtlingsfamilie zu Gast. Es war wohl in den Niederlanden. Die Familie war seit vielen Wochen zu Gast.

Als die Mutter der Flüchtlingsfamilie mal wieder etwas für ihre Kinder aus ihren Koffern heraussucht, fällt es dem Gastgeber auf: ein Leben aus Koffern.

Sie wurden alle Emigranten genannt, die Juden, die dem Völkermord der Nazis durch Auswanderung entgingen. Eine Nichte Dietrich Bonhoeffers hat sich – zu Recht – in einem Gedicht über die unpassende Bezeichnung beklagt. Es war ja keine freiwillige Emigration.

Dennoch unterscheide ich hier einmal zwischen denen, die vor 1938 auswanderten und deshalb Vorbereitungen treffen und zum Teil auch einen bescheidenen Teil ihres Besitzes retten konnten, und denen, die der stärker werdenden Repression entkommen wollten und schon ahnten, dass es eine Sache von Leben und Tod war. Natürlich waren es fließende Übergänge. Viele sahen sich schon vor 1938 in Todesgefahr und auch nach 1938 gab es noch manche, die – begrenzte - Vorbereitungen treffen und ein wenig mehr, als sie auf dem Leibe trugen, retten konnten.
Entscheidend ist hier: Sesshaft oder wohnungslos.

Dabei gibt es auch freiwillige Wohnungslosigkeit: etwa die Diva, die ständig auf Tournee mit 90 Koffern reist, oder den Milliardär, der ständig wechselnde Suiten in den Nobelhotels der Weltstädte bezieht. Ein ganz anderes, durch Dienstboten bequem gemachtes Leben aus Koffern.

Meine Situation im Augenblick: Das Parkett wird abgeschliffen und versiegelt, deshalb haben wir Koffer und Tasche gepackt und sind in den Keller gezogen. Nur für ein paar Tage, vorbereitet, aber doch ohne die Annehmlichkeiten eines Haushalts, der durch das Parkett von uns getrennt ist: Leben aus Koffern.
Wir haben im Keller, sonst Bügelstube, Abstellraum, gelegentlich Gästezimmer, einen kleinen Haushalt eingerichtet, ein Klappbett aufgestellt, bauen regelmäßig morgens ein Wohnzimmer, abends ein Schlafzimmer auf. Da kommen Assoziationen an Anne Frank auf. Doch dabei eine Welt von Unterschieden: Unbedroht, frei zu gehen, wohin wir wollen, frei zu husten, singen und lärmen, wie es die – immer lässiger gehandhabten - Mittags- und Nachtruhezeiten erlauben.

Und dann der weitere entscheidende Unterschied: Die untergetauchte Familie hängt am Radio, fiebert bei allen Frontmeldungen mit: Wann kommt der Tag der Befreiung? Der heutige Leser weiß: Das Ende der – halb freiwilligen - Gefangenschaft im Untergrund ist der Weg ins KZ.

Wir "Kellerkinder" dagegen fragen uns: Bis wohin wird das W-Lan reichen? Wird die wöchentliche skype-Konferenz ungestört verlaufen? Und stellen befriedigt fest: Der Internetzugang ist zwar etwas umständlich, er verläuft buchstäblich über die Kellertreppe, doch auf den obersten Stufen lässt es sich dann recherchieren und online bestellen und kaufen und Bankgeschäfte abwickeln fast wie gewohnt.
 
Jetzt sitze ich im Freien, höre die Tauben gurren.
Nein, da gibt es keine wirklichchen Ähnlichkeiten.

25.1.11

Deutsche Einigung - Rückblick

Ein Kindheitstraum ist uns in Erfüllung gegangen. Wie das aber Träume so an sich haben: die Erfüllung ist weniger schön, als die Vorstellung sie sich ausmalte. Zu viele Sorgen sind damit verbunden, zuviel Verärgerung über manches, was hätte anders laufen sollen, zu unrealistisch waren die kindlichen Hoffnungen: wir sind alle zusammen, die politischen Zwänge gibt es nicht mehr, natürlich sind alle Personen, die einem in der Kindheit wichtig waren, dabei, um es mitzuerleben.

Schließlich hat man inzwischen auch schon lange gewußt, daß der Tag kommen würde und daß er an den Problemen vorerst nur wenig ändern würde. So waren wir Eltern gestern auch wenig gestimmt, zu feiern.
Und doch, es ist ein großer Tag, es ist ein wichtiger Vorgang, und über alles Erwarten glückliche Entwicklungen finden ihren Abschluß.

So waren wir auch dankbar, daß unsere Kinder uns dann doch noch zum Feiern brachten: Ma, indem er darauf bestand, bis um 24.00 Uhr, zur Einigungsminute, aufzubleiben, Mo, indem sie in melancholischer Resignation bedauerte, nicht bis in die Einheit hineinfeiern zu dürfen. So haben wir dann doch unsere Mädchen geweckt und zu fünft Wunderkerzen in die Nacht gehalten.
Beziehungsreich war für uns der Tag, da an ihm die letzten Sachen vom Lager zurückkamen, die wir vor elf Jahren dorthin gegeben hatten. Auch eine Wiedervereinigung mit Vertrautem, wovon wir lange getrennt waren: das alte Wilhelm-Busch-Album, das Reineke-Fuchs-Buch, meine Schülerzeichnungen, ... Ma meinte, als die Spiele auftauchten, das sei wie oder gar noch schöner als Weihnachten, weil manches auftauchte, was man sich gar nicht gewünscht, womit man gar nicht gerechnet hatte. (Da war es dann auch nicht so schlimm, daß manche gute Bücher durch Feuchtigkeit verdorben sind. Was hilft schon Reklamieren.) Am unerwartetsten, aber höchst passend tauchte die Titelseite der satirischen Zeitung "Pardon" auf, auf der es - in Kritik am Gerede von der "sogenannten DDR" - hieß: "Endlich bewiesen: Es gibt keine DDR. Kein Päckchen nach drüben." - Als ich diese Titelseite aufhob, war mein Kindheitstraum gewiß schon ausgeträumt. Ich glaubte nicht mehr daran, daß ich noch erleben würde, daß er wahr wird.

Jetzt ist es so weit.

Päckchen nach drüben? Tatsächlich, es hat sich alles verändert. Es lohnt sich nicht mehr, Apfelsinen zu schicken, Schokolade oder Kaffee. Jetzt können es plötzlich Bücher sein oder man selbst.
Und zum Glück haben wir damit ja auch schon ein wenig angefangen.

Mo spricht:
Ich will unbedingt den Fernsehfilm über die Teilung sehen. -
Es gibt ja keine DDR mehr, aber die Taschenlampe kommt trotzdem aus der DDR. Da will ich sie gut aufheben als Andenken.
(Ähnlich habe ich gedacht von den vielen Büchern, die jetzt eingestampft worden sind. Die Kunstbände waren gewiß wertvoll, und manches wäre auch ein schönes Andenken, z.B. Schulbücher.)
Soeben erreicht uns ein Anruf von G aus unserer Hauptstadt. Wir aus der Provinz kommen nicht zu ihm durch. ( 3.10.90)

Ich hoffe stark auf weitere Demokratisierung in der DDR. […] Ich hoffe sehr auf dauernde Normalisierung des Verhältnisses. Eine Wiedervereinigung wäre mir dann völlig unwichtig. Gegenwärtig fürchte ich sie, falls sie Gorbatschows Position in der SU gefährden könnte.(7.1.1990)

Bei einem Blick auf eine Aufstellung der Ereignisse des Jahres 1989 habe ich gesehen: es ist ein Jahr des Aufbruchs gewesen nicht nur in der DDR und Osteuropa. Waffenstillstand in Angola, Demokratie in Chile, Frederik de Clerk Präsident Südafrikas, demokratisch gewählter Präsident in Brasilien mit vielen Reformen, Sturz des Diktators von Paraguay, verfassungsgebende Versammlung in Namibia, Abzug der Sowjets aus Afghanistan, der Vietnamesen aus Kambodscha. Freilich: in China Niederschlagung der Studentenproteste. (Beginn 1990)