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23.6.17

Wie ich trainiere, mehr fernzusehen

Im Urlaub auf den Geschmack gekommen, suche ich mir, wenn ich Zeit habe, zwei oder drei Sendungen pro Woche aus, die programmiere ich, und wenn ich dann mal eine freie Viertelstunde habe, schaue ich in eine Sendung hinein.
Geeignet sind solche Sendungen auch abends, wenn ich zu müde bin, noch aktiv zu lesen oder zu schreiben.
Landschaftsaufnahmen und überhaupt auch Sendungen über Touristenattraktionen sind eher zu konsumieren, wenn man über die Moderationen hinwegspulen kann. Manchmal reicht es aber auch schon, den Ton abzustellen. Das unterbreche ich allerdings sicherheitshalber des öfteren, weil manchmal doch etwas Sinnvolles gesagt wird. Dann kann ich zurückspulen.
So komme ich jetzt auf deutlich über eine Stunde Fernsehen pro Woche.

Ein Problem. Wenn sinnvoller Text auftaucht, halte ich das des öfteren doch in einem Blog fest.
Aber das passiert ja nicht so oft. Denn Krimis sind selbst mit dem Kommentar für Blinde nicht so sehr mein Ding.
Die Aufführung des Parsifal habe ich mit Ton gesehen und danach erstmalig interessiert das Libretto angesehen. Die Umwidmung von Gurnemanz halte ich für gelungen.

Für die, die sich wundern: Ich bin schwerhörig, und bei Verwendung meines Hörgeräts zischen die leiser gesprochenen Passagen, und Stellen, nach denen gelacht wird, verstehe ich grundsätzlich nicht.

7.5.17

Fernsehen im Urlaub


Dass immer das Böse im Menschen thematisiert wird und verwendet wird, um psychologische Studien, der Schilderung von originellen Charakteren und attraktiven Orten durch Sensationelles aufzuwerten, spannender zu machen, gefällt mir nicht.
Rätselhaftes, Geheimnisvolles, Aufregendes gibt es doch auch, ohne dass immer einer Person das Kainsmal des Mordes aufgedrückt werden muss.

Doch nun sah ich einen Tatortkrimi, der sich von diesem Aufgeputschten, Aufgepufften distanzierte.
Immer wo Gesten, Mimik und Schnitte besonders bedeutungsgeladen daher kamen, wurden sie von einem Erzähler ironisiert, der durch Doppelung des Bedeutungselements ein entfremdendes Element beisteuerte. In kurzen, knappen, nur das Äußerliche schildernden Kommentaren wurde eine zweite Ebene geschaffen. Leicht irritierend war schon, wenn das, was gezeigt wurde, noch einmal mit Worten beschrieben wurde. Besonders wirkungsvoll aber war die Verfremdung dann, wenn - wie in einer Regieanweisung - zuerst Mimik und Gestik beschrieben wurden, bevor der Schauspieler sie nachspielte und das so rasch, dass verblüffte, wie perfekt er in Sekundenschnelle genau den Ausdruck annehmen konnte, der angekündigt worden war.
Dadurch wurde auch alle Effekthascherei durch übertriebenen Ausdruck, durch handlungstrennende Schnitte und durch unwahrscheinliche Handlungskonstruktion als künstlich und aufgesetzt entlarvt. - Dies Stilmittel machte zu Kunst, was gewollt, aber nicht erreicht hätte scheinen können.
Endlich ein Tatort, den ich mir ansehen konnte, ohne mich zu ärgern!

Als ich am nächsten Tag nach den Nachrichten wieder in einen Krimi geriet, fand ich zu einem Erstaunen dasselbe Stilmittel wieder vor. Und haargenau in der gleichen Weise eingesetzt.
Ein Stilmittel, das ich zuvor noch nie in einem Krimi wahrgenommen hatte, an zwei aufeinander folgenden Tagen? Das konnte doch nicht mit rechten Dingen zugehen.

Da hatte ich plötzlich das Gefühl eines Déja-vu-Erlebnisses. Ich hatte etwas Ähnliches doch vor vielen Jahren schon einmal gesehen: Das war in einem Spielfilm für Blinde.

Inzwischen hat meine Frau herausgefunden, wie sie auch unseren häuslichen Fernseher so einstellen kann, dass er bei Tatortkrimis immer diesen schönen ironisierenden Kommentar liefert.
Übrigens muss es eine Menge Arbeit machen, die sehr gekonnten Texte abzufassen und geschickt in die stummen Szenen der Filme einzufügen. 



15.1.17

Klaus Mann: Der Wendepunkt

Der Wendepunkt, 1942 auf Englisch, 1952 auf Deutsch erschienen, war das zweite autobiographische Werk* Klaus Manns.
Schon der erste Abschnitt heißt freilich "Mythos der Kindheit", was es erlaubt, zwar aus der kindlichen Perspektive, doch mit der Distanz und eindrucksvollem dichterischen Duktus zu schildern.
Dabei ist an der Authentizität der Namen seiner Kindheitswelt Zauberer, Mielein, Ofey, Offi, Omamachen und Affa nicht zu zweifeln.

Zitate:
"Es gibt kein Glück, wo Erinnerung ist. Sich der Dinge erinnern, bedeutet, sich nach der Vergangenheit sehnen. Unser Heimweh beginnt mit unserem Bewußtsein." (S.21)
"Unvermeidlich kommt der Tag für uns alle [...], da es keine 'neue Erfahrung' mehr gibt, sondern nur noch die Variationen vertrauter Muster." (S.24)

*Zur ersten Autobiographie: Kind dieser Zeit (1932) schreibt die Wikipedia:
"Heute gilt das Buch als wichtige Quelle für Historiker und Literaturforscher zum Verständnis der Person Klaus Manns und der Familie Mann im zeitlichen Umfeld, da die entsprechenden Passagen in seiner zweiten Autobiografie, dem Wendepunkt, erheblich knapper ausfielen."

Filme

Ich habe das Buch Mach's noch einmal Charlie! 100 Filme für Kinofans (2007) 
jetzt durchgelesen und dabei erfahren, dass offenbar unangefochten der Regisseur Hitchcock als Meister der Filmgestaltung angesehen wird. 

Mir persönlich wird dadurch vor Augen geführt, dass mich die Machart von Filmen immer wesentlich weniger interessiert hat als die Wirkung. Denn die vielen Beispiele von Szenen aus Hitchcockfilmen haben mich davon abgeschreckt, mir je einen anzusehen. Die Art von Spannung, die Hitchcock anstrebt, mag ich als solche nicht. Dabei gebe ich gern zu, dass das Gefühlserlebnis (die Katharsis), das ich an Filmen schätze, vermutlich in wesentlichen Teilen durch diese Manipulation erzeugt wird. Mein bewusstes Entscheidungskriterium bei der Auswahl von Filmen ist seit Jahren, ob in mir ein Mitgefühl mit den Personen des Films erweckt wird. 
Die häufigen Schnitte neuerer Filme stören mich. 
Zugegeben die langen Einstellungen in Fassbinder-Filmen, etwa in Berlin-Alexanderplatz, wo nichts passiert, stören mich auch.